Sex kann man gar nicht genug haben, oder? Eine Sexsucht wird besonders bei Männern auf die leichte Schulter genommen, sogar gefeiert. Für sexsüchtige Menschen ist die zwanghafte Lust nach Befriedigung massiv belastend für das eigene Liebes- und Beziehungsleben. Wir verraten dir, wann man sexsüchtig ist, welche Anzeichen du kennen solltest und welche Behandlungsmethoden es gegen Sexsucht gibt.
Was ist Sexsucht?
Sexsucht, auch als Hypersexualität bezeichnet, ist per Definition der Begriff für ein zwanghaftes Verhalten im Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten. Die Sucht ist eine Impulskontrollstörung, bei der die betroffene Person ein überwältigendes Verlangen nach sexuellen Handlungen mit sich selbst oder anderen verspürt und dieses Verlangen nur schwer kontrollieren kann.
Die Gesundheit, Beziehungen, das soziale und berufliche Leben von Sexsüchtigen leiden oft unter der Sucht. Das führt so weit, dass Sex als einziger Lebensinhalt wahrgenommen wird. Sexsucht bei Männern wird Satyriasis und bei Frauen Nymphomanie genannt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Hypersexualität offiziell als Krankheit anerkannt (Klassifikation ICD-11), was Betroffenen den Zugang zu Therapien erleichtert. Zwanghaftes Sexualverhalten macht sich laut WHO unter anderem durch übermäßigen Pornokonsum bemerkbar. Die Sexsucht gilt als Sucht, wenn die übermäßige Lust mindestens sechs Monate anhält.
Warnsignale: Diese Symptome deuten auf eine Sexsucht
Vorweg: Eine gesunde Libido und täglich Lust auf Sex ist keine Sexsucht. Wenn du dich gerne selbst befriedigst, Pornos schaust und viel Sex mit deinem Partner hast, ist das vollkommen gesund und normal. Paartherapeutin Christine Geschke bestätigt im Interview mit Mens Health, dass die Lust zur Last wird, wenn „wenn man sich trotz allem nie wirklich befriedigt fühlt, das Verlangen nicht mehr kontrollieren kann oder die Partnerschaft leidet“. Bei diesen Symptomen solltest du aufmerksam werden, denn sie können auf eine Sexsucht hindeuten:
Zwang und Kontrollverlust: Der Drang nach Sex ist überdimensional groß und du kannst ihn nicht kontrollieren. Du hast die Kontrolle über deinen Sexdrive verloren und das Bedürfnis nach Befriedung dominiert deinen Alltag.
Dosissteigerung beim Sex: Obwohl du alles machst, um sexuell befriedigt zu sein, kannst du dein Verlangen nicht stillen. Du bekommst nicht genug und musst deine Sex-Dosis konstant steigern. Laut Geschke setzt „mit der Zeit ein Gewöhnungseffekt ein und die Betroffenen spüren immer weniger eine tatsächliche Befriedigung.“
Massive Verlangensunterschiede in der Beziehung: Du willst immer und dein Partner nicht? Unterschiedlich viel Lust auf Sex zu haben ist zwar normal, sollte aber im Rahmen bleiben. Eine Sexsucht kann die Beziehung so belasten, dass die Wahrscheinlichkeit von Seitensprüngen steigt. Wenn Fremdgehen die einzige Alternative für mehr Sex ist, solltest du dein Verlangen unter die Lupe nehmen.
Entzugserscheinungen: Ein weiteres Symptom von Sexsucht sind Entzugserscheinungen wie Nervosität, Angstzustände, Depressionen und innere Unruhe, wenn du dein Verlangen nicht stillen kannst. Körperliche Entzugserscheinungen wie bei anderen Suchterkrankungen gibt es aber nicht.
Stundenlanger Pornokonsum: Wenn du stundenlang Pornos schaust und deinen Alltag, deinen Partner und deine Sozialkontakte vernachlässigst, deuten das auf eine Hypersexualität hin – man spricht dann auch von Pornosucht. Die Anzahl der Filme oder Stunden ist dabei egal.
Heimlichkeit und Sex mit Fremden: Du spürst, dass dein Verlangen eine Sexsucht sein kann und befriedigst deine Lust heimlich. Dein Umfeld weiß nichts von deiner Sexsucht und du verheimlichst alle Anzeichen. Dazu gehört auch, dass du häufig deinen Sexpartner wechselst, weil du schnell gelangweilt bist und nicht auffliegen willst.
Ab wann ist man sexsüchtig?
Wenn du die genannten Symptome an dir erkennst, solltest du sie als Anzeichen für eine Sexsucht werten. Besonders dann, wenn deine Lust auf sexuelle Aktivität deinen Alltag, deinen Job und deine Beziehung negativ beeinflusst. Dein Verlangen nach Masturbation, Pornos und Sex mit anderen Personen ist so groß, dass an nichts anderes mehr denken und dein Leben nicht wie gewohnt führen kannst? Du leidest körperlich und psychisch unter deinem Drang nach Sex? Dann solltest du etwas gegen deine Sexsucht tun und der Ursache auf den Grund gehen. Dabei sind Selbsttests zur Sexsucht hilfreich, die du bspw. bei den anonymen Sexsüchtigen findest und bei Fitforfun.
Partner sollten ebenfalls auf die beschriebenen Symptome achten. Sie selbst können in eine Co-Abhängigkeit geraten. Die äußert sich durch einen Kontrollverlust über die eigene Sexualität: Trotz sexueller Unlust Sex haben, den Liebesakt als Belohnung bekommen, Sex trotz Schmerzen haben und die offensichtliche Sexsucht des Partners verleugnen. Erkennst du diese Dynamik in deiner Beziehung, solltest du mit deinem Partner darüber sprechen.
Die Ursachen von Hypersexualität
Die Gefühle, die du beim Sex und besonders beim Orgasmus erlebst, kann dir kein anderes Rauschmittel bieten. Der klinische Sexualpsychologe Dr. Christoph Ahlers bestätigt im Interview mit Morgenpost: „Das Verhalten findet statt, um einen Zweck zu erfüllen: Schlechte Gefühle sollen weggehen, indem sie durch schöne Gefühle überlagert werden“. Das Problem: „Weil so aber die Ursachen der schlechten Gefühle nicht beseitigt werden, müssen diese immer wieder aufs Neue durch Stimulation überlagert werden.“ Das passiert mit jeglicher Form von Sex und führt schlussendlich zum Suchtverhalten.
Hypersexualität ist das Mittel der Wahl, um permanent positive Emotionen auszulösen, denn anders als Rauchen, Trinken, Shoppen oder Spielen brauchst du dafür lediglich deinen eigenen Körper. Laut Ahlers ist der „Orgasmus der potenteste Verstärker, den die Natur bereithält.“ Die Ursachen von negativen Gefühlen sind vielfältig: innere Leere, Perspektivlosigkeit, Trauma durch Missbrauch oder Haltlosigkeit im Leben sind nur wenige Beispiele. Allen diesen negativen Emotionen versuchen Menschen, die unter Sexsucht leiden, mit dem positiven Gefühl, das sexuelle Erregung auslöst, entgegenzuwirken.
So kannst du die Sexsucht bekämpfen
Eine kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, deine Sexsucht zu bekämpfen. Sie hilft dir, die Kontrolle über deine Libido wiederzubekommen. Neben einer Therapie kannst du dir Unterstützung in Selbsthilfegruppen gegen Sexsucht holen, bspw. beim S.L.A.A.-Verein. Dort finden auch Angehörige von Sexsüchtigen Hilfe und Unterstützung. Der erste Schritt in Richtung Heilung ist allerdings die ehrliche Erkenntnis, dass du ein Problem hast und sexsüchtig bist.
Suche dir eine Vertrauensperson, mit der du über das Problem sprechen und deine Gedanken von der Seele reden kannst. Wenn im privaten Umfeld keine richtige Person dabei ist, suche den direkten Kontakt zu einem Sexualtherapeuten. Im Rahmen einer Verhaltenstherapie lernst du, alte Muster zu durchbrechen. Mach dir bewusst, dass einige Dinge sich grundlegend ändern müssen und sieh die Veränderungen immer positiv. Akzeptiere deine Sexsucht und nimm dir Zeit für deine Heilung. Sich von einer Sucht zu befreien braucht Geduld, Zeit und Durchhaltevermögen. Mach dir klar, dass du nicht allein bist, sondern Unterstützung hast.
Um eine Sexsucht zu behandeln, können Ärzte und Therapeuten auch bestimmte Medikamente verschreiben. Das kann der Fall sein, wenn die Sexsucht mit einer bipolaren Störung zusammenhängt oder Depressionen zur Folge hat. Im zweiten Fall werden Antidepressiva verschrieben. Wahlweise werden auch Medikamente verschrieben, die den Sexualtrieb minimieren.